Die kognitive Heizung

Abstract:

Die strukturale Narrativik bedient sich der deontischen Logik zur Modellierung von Ereignissen im Sinne von Normverletzungen [1]. Wir zeigen, wie solche Ereignisse für die Verhaltenssteuerung kognitiver Systeme verwendet werden können. Man kann nämlich das Eintreten unerwarteter (verbaler) Nutzerreaktionen bei gegebener Vorgeschichte und unter Kenntnis des bisherigen (verbalen) Systemverhaltens als ein solches Ereignis verstehen. Somit sind Kommunikationssituationen erkennbar, in denen eine Anpassung der semantischen Modelle notwendig ist, da diese die tatsächlich eingetretene Nutzerreaktion nicht korrekt vorhersagen konnten. Am trivialen Beispiel einer ”kognitiven“ Heizungssteuerung diskutieren wir, wie in einer ereignishaften Situation ein Zusammenhang zwischen dem verbalen Verhalten des Nutzers (also einer Äußerung) und der Bedeutung dieser Äußerung für das kognitive System hergestellt werden kann. Dafür ist keine semantische Analyse der Äußerung im Sinne der Computerlinguistik notwendig. Wir glauben, damit einen ersten Ansatz zum automatischen Lernen von Günther Wirschings Äußerungs-Bedeutungs-Paaren (utterance meaning pairs, UMP [3, 4]) gefunden zu haben, welche die technische Grundlage der bedeutungsorientierten Sprachmodelle (meaning oriented language models, MOLM [4]) sind. Da es sich bei letzteren um stochastische endliche Grammatiken handelt, präsentieren wir eine Bayes’sche Interpretation von Skinners ABC-Schema des verbalen Verhaltens [2]. Wir zeigen, wie die von Wirsching postulierte bedingte Wahrscheinlichkeit verbalen Verhaltens (behavior, B) bei gegebenen Vorbedingungen (antecedents, A) und angestrebten Auswirkungen (consequences, C) mit Hilfe des Bayes’schen Satzes sowohl als kognitive als auch als intentionale Bedeutung interpretiert werden kann.


Year: 2014
In session: Sprachdialog
Pages: 89 to 96