Was soll(t)en wir mit Sprachdatenbanken anfangen?

Abstract:

Der Beitrag greift die auf der Eurospeech ’93 erstmals vorgestellte Ideeeiner datenbasierten kompletten phonetischen Theorie (’databased complete phonetictheory’, CPT) [5] auf. Während in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von Sprachdatenbankenvor allem für die Zwecke der sprachverarbeitenden Industrie (z.B. alsTrainingsmaterial für die automatische Spracherkennung) – unter großem Personaleinsatzauch seitens der Phonetikinstitute (s. PHONDAT / VERBMOBIL) ganz Deutschlands– erstellt wurden, blieb deren Weiternutzung im Rahmen der phonetischenForschung eher auf einzelne Untersuchungen, meist zu Spezialfragen, beschränkt [1-4]. Es sollte heute jedoch möglich sein, dieses annotierte Material gezielt dazu zunutzen, ein phonetisches Modell zu entwickeln, das die Veränderung der kanonischenAussprache eines Wortes einer Einzelsprache (hier: Deutsch) in Isolation(wie sie in den Aussprachewörterbüchern angegeben ist) unter unterschiedlichen Bedingungenin fließender Rede vorhersagt. Das Ziel eines solchen Unterfangens wäredie Antwort auf die Frage, wie sich ein Wort aufgrund der vom Modell vorhergesagtenprosodischen und segmentalen Modifikation der im mentalen Lexikongespeicherten kanonischen Form in Abhängigkeit von syntaktischen, semantischen,pragmatischen und anderen Faktoren wie z.B. der individuellen Sprechercharakteristikund der Stilebene in fließender Rede phonetisch darstellt. Es ist zuerwarten, dass die in diesem Szenario zu gewinnenden Resultate einen entscheidendenBeitrag auch zum besseren Verständnis der bei der Sprachproduktion realablaufenden Prozesse liefern.


Year: 2011
In session: Phonetik und Sprachtechnologie II
Pages: 107 to 107