Formale Subtextanalyse – Deduktion bedürfnisorientierter Propositionen aus narrativen Äußerungen

Authors: Peter Klimczak

Abstract:

Die Literatur- und Mediensemiotik fängt traditionell dort an, wo die klassische Sprachwissenschaft mit Pragmatik, Satzsemantik und Textlinguistik aufhört: Ihr geht es darum, die in einer Äußerung unterschwellig mitgeteilte Meinung oder Botschaft, den sog. Subtext, zu rekonstruieren, wobei sich in den letzten zwanzig Jahren die sog. Grenzüberschreitungstheorie als die leistungsstärkste Methode zur Rekonstruktion des Subtextes erwiesen hat. Wie bei jedem anderen literatur- und medienwissenschaftlichen Analyseverfahren besteht allerdings das Problem aus informations- und kommunikationstechnischer Hinsicht in der unzureichenden Formalisierung; auch wenn sich die Forschung seit dreißig Jahren einig ist, dass die Grenzüberschreitungstheorie formalisierbar ist und ein entsprechender Ansatz bereits bestand. Dessen Schwäche war jedoch die Definition der für die Theorie zentralen Größe als formallogischer Widerspruch: Im Falle der Existenz von Widersprüchen können keine formal korrekten Schlüsse mehr gezogen werden, wodurch die ganze Formalisierung wertlos wird. Dieses Problem wurde erst vor kurzem durch die adäquate Verwendung von modallogischen Kalkülen, anstatt der bislang zum Einsatz gekommenen nicht-modalen Prädikatenlogik, gelöst. Da logische Kalküle computersprachengeeignet sind, bietet die Formalisierung der Subtextanalyse zudem die Möglichkeit, dass die Rekonstruktion des Subtextes kurz- oder mittelfristig automatisiert ablaufen könnte, was wiederum zahlreiche informations- und kommunikationstechnische Anwendungsbereiche eröffnen würde.


Year: 2014
In session: Sprachdialog
Pages: 80 to 88